Auf dem Weg zu umweltfreundlichen Fasern: Biokunststoff scPLA eröffnet neue Perspektiven
26 Mai 2023Alternative Fasern mit technischen Festigkeiten werden aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Rohstoffen und der aktuellen Kunststoffproblematik immer wichtiger. Das Faserinstitut Bremen hat erfolgreich einen Biokunststoff im Technikumsmaßstab modifiziert, um daraus Fasern mit den benötigten Festigkeitseigenschaften herzustellen. In den letzten zehn Jahren wurden in Deutschland jährlich über 500.000 Tonnen Chemiefasern produziert, wovon etwa 60 % im technischen Bereich Verwendung fanden. Die dominierenden Fasern waren Polyester (PET) und Polyamid (PA). Jedoch sind die Rohstoffe zur Herstellung von PET und PA begrenzt und nicht biologisch abbaubar, was negative Auswirkungen auf die Umwelt hat.
Als möglicher Ersatz für PET und PA werden Biopolymere wie Polylactid (PLA) betrachtet, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und biologisch abgebaut werden können. PLA wird chemisch aus Mais oder Zuckerrüben synthetisiert und kommerziell von verschiedenen Herstellern angeboten. Die Festigkeiten von PLA-Fasern liegen jedoch niedriger als bei PET und PA und eignen sich daher derzeit nicht für technische Anwendungen.
Eine Lösung für PLA-Fasern mit technischen Festigkeiten könnte der Stereokomplex-PLA (scPLA) sein. Durch die Mischung von teilkristallinem PDLA und teilkristallinem PLLA entstehen Kristallstrukturen mit verbesserten thermischen und mechanischen Eigenschaften. Obwohl in den letzten Jahren umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt wurden, ist bisher kein scPLA-Material für technische Fasern auf dem Markt verfügbar.
Im Rahmen des AIF-Forschungsprojekts PLA² wurde am Faserinstitut Bremen erstmals ein scPLA-Blend in größerem Maßstab hergestellt. Dadurch ist eine Überführung in den Industriemaßstab möglich. Mit ausreichend scPLA-Material können nun PLA-Garne mit technischen Eigenschaften entwickelt werden, um eine Alternative zu PET- und PA-Fasern zu bieten.
Der Herstellungsprozess des scPLA-Materials erfolgt auf einer industrienahen Technikumsanlage. PDLA und PLLA werden mit Dosierern und einem Doppelschneckenextruder zugeführt. Durch eine spezifische Extrusionstemperatur fällt das scPLA-Blend als Pulver aus, welches eine mittlere Korngröße von circa 500 μm aufweist. Der Massedurchsatz, die Schneckendrehzahl und die Extrusionstemperatur beeinflussen maßgeblich die Korngröße des Pulvers.
In weiteren Untersuchungen werden die Verarbeitungseigenschaften des scPLA-Materials im Vergleich zu PET und PA im Schmelzspinnen analysiert. Dieser Fortschritt in der Herstellung von PLA-Fasern mit technischen Eigenschaften könnte einen bedeutenden Beitrag zur Lösung des Kunststoffproblems und der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen leisten.